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Soziale Produktion und Upcycling

KonsumentInnen-Befragung zum Thema Upcycling durch Studierende der WU Wien

Was hat SoPro mit Upcycling zu tun? Doch einiges! SoPro kann zwar nicht darauf verkürzt werden, fokussiert jedoch klar auf betriebliche Reststoffe und hat daher oftmals mit der Neubelebung alter Produkte und mit „Abfällen" zu tun. Folgender Fachartikel beschäftigt sich mit den Ergebnissen einer KonsumentInnen-Befragung im Rahmen eines Studierenden-Projekts an der WU Wien.

 

Im Rahmen der Lehrveranstaltung Consumer and Buyer Behaviour an der Wirtschaftsuniversität Wien, geleitet von DDr. Bernardette Kammleitner wurden im Wintersemester 2013/14 KonsumentInnen-Befragungen zum Thema „Upcycling" durchgeführt. In fünf Projektgruppen wurden von den Studierenden mithilfe quantitativer und qualitativer Methoden unter anderem Bekanntheit von Upcycling, Kaufmotive und Zahlungsbereitschaft erhoben. Vier Projektgruppen arbeiteten eher quantitativ, zwei davon mithilfe von Online-Tools (175 und 307 TeilnehmerInnen) und zwei Untersuchungen bestanden aus Kurzinterviews (66 bzw. 50 Interviews). Eine Untersuchung war mit 25 längeren offenen Interviews eher qualitativ ausgerichtet.

 

Unter anderen ging es um folgende Fragestellungen:

 

  • Wie bekannt ist der Begriff „Upcycling"?
  • Womit wird Upcycling assoziiert?
  • Was sind die stärksten Kaufmotive für Upcycling-Produkte?
  • Welche Gründe sprechen gegen den Kauf?
  • Wie groß ist die Zahlungsbereitschaft für Upcycling-Produkte und wodurch wird sie bestimmt?
  • Welchen Einfluss haben Labels auf die Zahlungsbereitschaft?
  • Bei welchen Produktgruppen wird Upcycling von den KonsumentInnen als passend und unpassend empfunden?

 

Im Folgenden wird eine Auswahl von Ergebnissen dargestellt, die insbesondere für sozial produziert relevant sind.

 

Upcycling – Was ist das?

Laut Definition von Wikipedia werden beim Upcycling „Abfallprodukte oder nutzlose Stoffe in neuwertige Produkte umgewandelt."1 Präziser ist die englische Definition des Oxford Dictionary, das Upcycling folgendermaßen beschreibt: „Reuse (discarded objects or material) in such a way as to create a product of higher quality or value than the original."2 In dieser Definition werden also auch Aspekte der Qualität und des „Werts" angesprochen.

 

Im Gegensatz zum „Recycling", bei dem Stoffe zu einem Ursprungsmaterial „rück-konvertiert" werden, geht es beim „Upcycling" um das up-graden von Reststoffen. Hier verwandeln sich also vermeintliche „Abfälle" unter Umständen in völlig neue Produkte – so werden etwa alte, hochwertige Waschmaschinen-Trommeln aus rostfreiem Stahl zu originellen Lampenschirmen.3 Upcycling ist keine neue Erfindung, denn die Wiederverwendung und „Umfunktionalisierung" alter Produkte gibt es im privaten Bereich schon lange. Doch in der heutigen Konsumgesellschaft, in der alles „glänzen" muss und viele Produkte durch billigen Import sofort zur Verfügung stehen, tritt diese Tugend immer mehr in den Hintergrund. So handelt es sich heute um einen „Nischen"-Trend, denn definitiv ist Upcycling (noch) kein „Mainstream". Sowohl im hochpreisigen Design-Bereich, als auch in den Werkstätten sozialökonomischer Betriebe und sozialer Beschäftigungsprojekte verbreiten sich Upcycling-Ansätze und –Produkte mehr und mehr. Dabei umgibt Upcycling auch eine „politische" Komponente, denn Ressourcenschonung hat in EU-Agenden einen relativ hohen Stellenwert, was sich etwa in „Re-Use-Richlinien" und ähnlichen Strategien widerspiegelt.

 

Begriff Upcycling – Positiv konnotiert, aber zu wenig bekannt!

Die KonsumentInnen-Befragungen der WU verdeutlichen, dass es sich tatsächlich nicht um einen Mainstream-Trend handelt. Zwischen 43% (Online-Tool) und 21% (persönliches Interview) der Befragten kannten den Begriff „Upcycling" und konnten ihn im richtigen Wortsinn erklären. Diese Zahlen legen nahe, dass es noch viel Bewusstseinsarbeit braucht, um den Begriff als Qualitäts-Bezeichnung zu etablieren.

 

Gleichzeitig werden der Begriff und das Konzept „Upcycling" prinzipiell positiv assoziiert und interpretiert. In erster Linie mit Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und Ressourcenschonung, oftmals auch mit Innovation und Kreativität.

 

Kaufmotive – Umweltbewusstsein, „Uniqueness", Nachhaltigkeit

Die KonsumentInnen-Befragung belegt, dass die Kaufmotive stark mit den positiven Assoziationen korrelieren. Wie die Tabelle zeigt, werden Umweltbewusstsein, Einmaligkeit, nachhaltige Produktionsprozesse und Abfallvermeidung als wesentliche Vorteile von „Upcycling" gesehen. Aber auch höhere Qualität und soziale Gründe – dass diese Produkte oftmals von sozial Benachteiligten bzw. in Beschäftigungsprojekten hergestellt werden – spielen eine Rolle.

 

Gründe dafür, dass Upcycling-Produkte nicht gekauft werden sehen die InerviewpartnerInnen vor allem darin, dass es sich um gebrauchte Dinge handelt, im hohen Preis, in der Vermutung mangelnder Qualität und Haltbarkeit, sowie in fehlender Verfügbarkeit.

 

Der „typische Konsument" sieht entsprechend den Ergebnissen der Befragungen folgendermaßen aus: „The typical consumer is open towards new things, embraces creativity and is interested in design and uniqueness."

 

Die Kaufmotive am Beispiel einer Upcycling-Laptop-Tasche zeigen, dass Aussehen und Design noch vor dem Umweltbewusstsein angesiedelt sind.

 

 

Zahlungsbereitschaft – Information, Gender, Preis

Zahlreiche Studien stellen fest (und es beweist auch der Konsumalltag), dass es für „grüne" Produkte bei einer bestimmten Gruppe von KonstumentInnen eine höhere Zahlungsbereitschaft gibt.4 Als Herausforderung stellt sich dar, dass für die KäuferInnen oftmals nicht klar ersichtlich ist, wie „grün" ein Produkt tatsächlich ist. Hier haben Upcycling-Produkte einen gewissen Vorteil, da ihre ressourcenschonende Wirkung durch die Weiterverwendung von Reststoffen oftmals relativ klar nachvollziehbar ist.

 

Die Unersuchungen der WU zur Zahlungsbereitschaft untermauern diese Vorannahmen. Wenn den KonsumentInnen das Upcycling-Konzept bekannt ist (d.h. wenn die entsprechende Information vorliegt), gibt es eine deutlich höhere Zahlungsbereitschaft, denn dann wirken auch Originalität und Design des Produkts ansprechender. Weiters zeigen die Befragungen, dass Hintergrund-Informationen besonders wichtig sind, um das Vertrauen von KonsumentInnen zu gewinnen. Sowohl zum Konzept (Warum macht Upcycling Sinn?), als auch zum konkreten Produkt (etwa zum „Lebenszyklus" oder zu verwendeten Materialien).

 

Es zeigt sich in mehreren Untersuchungen, dass Frauen eine etwas höhere Zahlungsbereitschaft für Upcycling-Produkte haben als Männer.

 

Unter bestimmten Qualitäts-Voraussetzungen wäre mehr als die Hälfte der InterviewpartnerInnen bereit – zumindest geringfügig (10%) – mehr für ein Upcycling-Produkt als für ein vergleichbares anderes Produkt zu bezahlen. (Nur eine geringe Zahl würde 20-30% mehr ausgeben). Die Bereitschaft, mehr zu zahlen argumentieren sie mit dem „höheren Wert" des Produkts, da es handgemacht, einzigartig und kreativ ist, lokal produziert wird und eine höhere Qualität vermutet wird.

 

Fragen zur tatsächlichen Zahlungsbereitschaft – Wie viel wären Sie bereit für dieses Produkt zu bezahlen? – zeigen, dass diese relativ häufig weit unter den tatsächlich Preisen der Produkte liegt. (Allerdings wurden in dieser Untersuchung überwiegend Personen befragt, die nicht unbedingt zur primären Zielgruppe gehören)

 

Die Untersuchung resümiert, dass zwar viele KonsumentInnen Upcycling grundsätzlich mit Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit positiv konnotieren, aber sich dies nicht unbedingt im Kaufverhalten manifestiert – das entspricht auch der Feststellung anderer Studien zu „green consumption".5

 

Labels und Zahlungsbereitschaft – Durchdachtes Labelling macht Sinn!

In einer Online-Befragung wurde von den Studierenden der Effekt von Labels auf die Zahlungsbereitschaft erhoben. Hier wurden 3 Labelings „Eco", „Design" und „sozial produziert" in unterschiedlichen Konstellationen (teilweise wurden die Labels eingeblendet, teilweise nicht) anhand zwei konkreter Produkte – einem Kleiderhaken aus Flaschenhälsen und einer Umhängetasche – getestet.

 

Die Ergebnisse fielen nicht immer ganz eindeutig aus und führten bei der Tasche und dem Kleiderhaken teilweise zu gegensätzlichen Ergebnissen. Eindeutig („statistisch relevant") waren die Ergebnisse nur beim Kleiderhaken in Zusammenhang mit dem „Design"-Label. Die Tabelle zeigt, dass die Zahlungsbereitschaft für ein umfassendes Labelling (Ökologisch, Design und sozial produziert) am höchsten ist. Während es für ein Produkt, das nur mit Design und sozial (ohne ökologisch) gelabelt ist die geringste Zahlungsbereitschaft gibt.

 

In beiden Fällen wurde eine deutlich höhere Zahlungsbereitschaft von Frauen festgestellt.

 

Als wesentliche Ergebnisse wird festgehalten, dass Labelling sinnvoll ist, allerdings muss die Ausrichtung und Aussage gut überprüft werden; „Design" spielt dabei offensichtlich eine große Rolle. Für den Mehrwert der Labels ist insbesondere entscheidend, das Konzept des „Upcycling" bekannter zu machen.

 

In Bezug auf sozial produziert resümieren die VerfasserInnen der Umfrage: „Finally, even though this survey did not find significant influences of the social variable, socially produced products can also highly benefit under a strong brand."

 

Conclusions – Bekanntheit und Verfügbarkeit erhöhen; Zielgruppe gezielt ansprechen

Die Befragungen der Wirtschaftsuniversität machen deutlich, dass es für das langfristige Marketing von Upcycling-Produkten wichtig ist, die Bekanntheit und das Bewusstsein für dieses Thema generell zu erhöhen - sowohl generelle Hintergründe, als auch konkrete Information zu Produkten, um Vertrauen von KonsumentInnen zu gewinnen. Die Studierenden der WU legen dazu virales Marketing nahe, also etwa Videos von Produktionsprozessen über soziale Medien zu verbreiten. Damit in Zusammenhang steht zweitens das Ergebnis, dass Labels, im Sinne von Information, Qualität und „Zertifizierung", durchaus Sinn machen, um eben dieses Vertrauen zu gewinnen. Drittens muss aus Sicht von KonsumentInnen die Verfügbarkeit erhöht werden. Ein einfacherer Zugang zu diesen Produkten, erhöht die Kaufbereitschaft. Die Ergebnisse verdeutlichen viertens, dass ein bewusstes Ansprechen der Zielgruppe (Personen, die dem Thema Nachhaltigkeit gegenüber aufgeschlossen sind, Frauen stärker als Männer) sinnvoll und notwendig ist, da es nur in dieser Gruppe eine entsprechende Zahlungsbereitschaft gibt.

 

Für die Initiative sozial produziert sind die Ergebnisse einerseits eine Bestätigung des eingeschlagenen Weges in Richtung „Vermarktung" von Produkten und Dienstleistungen aus Sozialbetrieben (viele der erhobenen Ergebnisse sind auch unabhängig von Upcycling gültig). Das heißt zusätzliche Information, Bewusstseinsbildung und Verfügbarkeit erhöhen. Weiters zeigt sich, dass die Etablierung eines Gütezeichens Sinn macht. Allerdings kommt die soziale Komponente alleine bei KonsumentInnen zu wenig an, auch ökologische Kriterien und „Design" sollten berücksichtigt werden. Die aktuelle Orientierung des Gütezeichens an fünf Kriterien (Sozial, Ressourcenschonend, Regional, Innovation und Qualität) dürfte daher in die richtige Richtung weisen!

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Literatur

 

Seminararbeiten im Rahmen der Lehrveranstaltung „Consumer and Buyer Behavior" im WS 2013/2014 an der Wirtschaftsuniversität Wien:

 

„How powerful are words? Upcacling vs. Second-Hand vs. Vintage"

 

„What drives the price in Upcycling? Consumers' willingness to pay for upcycled products".

 

„Consumer Buying Behaviour – Marketing research study. Motives for purchasing upcycled products."

 

„What motivates the purchase of upcycled products? Quantitative Exploration of Motives for Purchasing Upcycled Products"

 

„When is upcycling an no-go?"

 

Zusätzliche Quellen:

 

KIM, Y. (2011) „Understanding Green Purchase: The Influence of Collectivism, Personal Values and Environmental Attitudes, and the Moderating Effect of Perceived Consumer Effectiveness." In: Seoul Journal of Business. Vol. 17, No. 1, S. 65-92.

 

Oxford Dictionaries (2014): Upcycling. Online im Internet: http://www.oxforddictionaries.com/definition/english/upcycle (Zugriff am 14.02.2014).

 

Pereira, Luzio; Lemke, J.F. (2013) „Exploring green consumers' product demands and consumption processes." In: European Business Review. Vol. 25 No. 3, S, 281-300.

 

Purohit, H. C. (2012): "Product Positioning And Consumer Attitude Towards Eco-Friendly Labeling and Advertisement." In: Journal of Management Research 12.3. S. 153-162.

 

Stieber, Sophie (2012): „Aus alt mach neu!" In: bewusstkaufen.at/blog. Online im Internet: http://blog.bewusstkaufen.at/artikel/aus-alt-mach-neu!/ (Zugriff am 18.02.2014)

 

Wikipedia (2014): Upcycling. Online im Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Upcycling (Zugriff am 14.02.2014).

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1 http://de.wikipedia.org/wiki/Upcycling

 

2 http://www.oxforddictionaries.com/definition/english/upcycle

 

3 Eine anschauliche Erklärung und viele Beispiele finden sich im Blog-Beitrag von Strieber (2012): http://blog.bewusstkaufen.at/artikel/aus-alt-mach-neu!/

 

4 Siehe dazu etwa Purohit (2012)

 

5 Siehe dazu etwa Kim (2011) oder Pereira, Lemke (2013).

Soziale Produktion und Upcycling: 05.Nov.2014 Teilen Share on Google+